Schlagwort: Zine

  • Fanzine-Freitag: Der Blinzelhund Nr. 1

    Fanzine-Freitag: Der Blinzelhund Nr. 1

    Gutes Zine, hat mich aber auch nicht total vom Hocker gerissen. Ich gebe ihm vier von fünf Trefferwürfeln. Die Inhalte sind sympathisch, hätten in einem hemdsärmeligeren Layout aber vermutlich besser gewirkt? Ist mehr so ein Bauchgefühl, dass das gestochene, leicht sterile Äußere sich mit dem Plauderton der Artikel beißt.

    Was ist drin? Ein Artikel von Moritz Mehlem über die ersten beiden Jahrzehnte Veröffentlichungsgeschichte von Dungeons & Dragons. Fachkundig, aber in entspanntem Erzählton beschreibt Moritz die verschiedenen Auflagen. In Kästen dazwischengesetzt sind jeweils moderne OSR-Spiele/“Retroklone“, die die jeweilige D&D-Edition emulieren. Mir fehlten Infos zu markanten Unterschieden (z.B. im Regelsystem), anhand derer man eine erste Einschätzung bekommen könnte, welche Edition (bzw. welches OSR-Spiel) für einen selbst reizvoll sein könnte.

    In ebenso angenehmem Ton beschreibt Denis Bökenkröger, wie er Abenteuer entwickelt. Mir gefällt, dass das sehr bewusst als eine Methode (und nicht als die Methode) präsentiert wird und konkrete, praxisnahe Tips enthält.

    Der Artikel von Chris McDowall bietet einen Leitfaden, wie ein Monster aus einem anderen Rollenspiel in das System von Electric Bastionland konvertiert werden kann. Man kann es auch als Monster-Bauanleitung betrachten. Die Übersetzung liest sich flüssig, und der Text endet mit dem Hinweis, dass sich die Tips genauso auch für andere OSR-Spiele, z.B. für Mausritter, anwenden lassen.

    Kaid Ramdani steuert zum Heft ein Abenteuer bei, in dem eine Hexe die Gruppe beauftragt, ihr einen lebenden Flimmerhund zu bringen. Die Tiere leben in einem kleinen Höhlenkomplex, der früher als Kultort diente. Hier können die SC mit mehreren Rätseln und Gegnern konfrontiert werden. Ein paar Details find ich schwierig (in der Höhle ein mehrere Meter breiter Wasserfall, der sich nach draußen auf ein kleines Bächlein reduziert?), aber davon abgesehen finden sich viele Interaktionsmöglichkeiten und kreative Ideen in diesem Abenteuer.

    Von Stefan Beate und Sebastian Gaffran gibt es eine neue Charakterklasse (Barbar:in) für S&W. Mangels Erfahrung mit dem System kann ich dazu leider wenig sagen – rein von der Lektüre her wirkt die Klasse durchdacht und stimmungsvoll.

    Den Abschluss macht Björn/Souly Beier mit einem Erfahrungsbericht aus dem Lesekreis vom System-Matters-Discord. Seine Begeisterung schwingt in dem Text mit.

    Die Mischung gefällt mir, aber wie eingangs schon gesagt wirkt die Kombination aus Plauderei und dem gewählten Layout auf mich nicht überzeugend. Bin gespannt auf andere Meinungen dazu, weil ich das selbst noch nicht besser in Worte fassen kann.

    Im Heft wird übrigens nirgends erklärt, warum das Zine „Blinzelhund“ heißt. Ich mutmaße, dass das die alte Übersetzung von blink dog ist, während die Kreatur heute als „Flimmerhund“ übersetzt wird. Welcher Gedanke hinter dieser Namenswahl steht, wird nicht gesagt. (Eine Mondmotte hat aber geflüstert, dass eventuell vielleicht – wer weiß – in einer zukünftigen Ausgabe mehr dazu kommen könnte.)

    Der Blinzelhund, Ausgabe 1
    32 Seiten, A4
    7,99€ (PDF), 10,95 (Print), 14,95€ (PDF+Print) im Shop von System Matters

  • Ziemlich zufälliges Zine – Dungeon D im Druck

    Ziemlich zufälliges Zine – Dungeon D im Druck

    Ich freue mich, berichten zu können, dass unsere vierte Ausgabe – Dungeon D: Das Arkane Sanatorium – mit 28 Seiten für die Gratisrollenspieltage (15.–22. März 2025) nach nur 18 Tagen von der ersten Idee bis zur Druckfreigabe nun im Druck ist.
    In jedem GRT-Paket sollten drei Exemplare enthalten sein.
    Falls ihr keines ergattern könnt, haben wir noch ein paar Exemplare auf Lager – und die PDF wird pünktlich zu den Gratisrollenspieltagen auf itch.io verfügbar sein.

    Das Bild zeigt das Cover des Zines mit dem Titel "Ziemlich Zufälliges Zine – Dungeon D – Das Arkane Sanatorium". Die Illustration stellt eine erschreckte, bärtige Figur dar, die aus der Dunkelheit auftaucht. Aus der Ich-Perspektive sieht man eine Hand die eine brennende Fackel hält.

    Nachdem wir uns eine Weile nicht sicher waren, ob und was wir für die Gratisrollenspieltage machen wollen – und das ganze Thema gefühlt schon ad acta gelegt war –, fragte Moritz nach, was unser Plan sei. Nach einer sehr kurzen Beratung entschieden wir uns für einen systemagnostischen Dungeon.

    Seba hatte noch eine Karte, die wir verwenden konnten, und schrieb einen passenden Einstieg. Moritz machte den Anfang, entwarf die ersten beiden Räume und konnte Mario Bühling für das Cover-Artwork begeistern. Im weiteren Verlauf kamen noch einige Leute dazu (am Ende waren wir zu zehnt), Räume wurden getauscht, Inhalte geschrieben und angepasst, Texte lektoriert, von Mai und Jonas bebildert und schließlich von Tim in Form gebracht.

    Keine Lust zu warten?

    Unsere bisherigen Ausgaben:
    Ziemlich zufälliges Zine – Ausgabe A: Dynamische Dungeons
    Ziemlich zufälliges Zine – Beitrag B – GRT2024
    Ziemlich zufälliges Zine – Codex C: Mysteriöse Magieschulen
    oder Gedruckt bei Pen-Paper-Dice

  • Fanzine-Freitag: Helden & Höllen

    „Helden & Höllen“ ist ein charmantes, minimalistisches Pulp-Horror-Rollenspiel ohne Spielleitung (Alle spielen. Alle leiden leiten.). Matthias hat mit diesem kleinen Beitrag zum 3. System Matters Fanzine-Wettbewerb ein kompaktes Regelwerk im Schwarz-Weiß-Stil geschaffen, das jedoch einige Wünsche offenlässt.

    Frontseite des Zines: In der Mitte ist ein Bild eines Schädels. Darüber steht „Pulp-Horror-Rollenspiel“. Darunter „Helden & Höllen“ sowie „Ohne Spielleitung – Alle spielen. Alle leiten“.

    Das Regelwerk ist auf das absolute Minimum reduziert: ein W20, sechs Attribute, die unterwürfelt werden müssen, und die Freiheit, dass die Spielleitung laufend in der Runde wechseln kann. Das ist irgendwie charmant und für alt eingesessene Häs:innen funktional, aber für die breite Masse möglicherweise unbrauchbar.

    Die Informationsdichte ist insgesamt recht gering. Auf den fünf Regel-Seiten hätte man das gesamte Konzept auch gut auf einer Seite unterbringen können. Die großflächigen Schwarz-Weiß-Bilder sind zwar stimmungsvoll, und ich mag die Ästhetik, doch sie nehmen viel Raum ein. Der Platz hätte genutzt werden können, um die Regeln tiefer auszuarbeiten, Beispiele für Neulinge zu liefern oder bestimmte Mechaniken genauer zu beleuchten. (Ich sehe dich an, Verletzungsregel.)

    Innenseite des Zines: Große Bilder und wenig Text. Links eine schemenhaft skizzierte Zombiefrau, rechts eine Hand mit Feuerball.

    Gerade bei einem minimalistischen Konzept wünscht man sich oft mehr greifbare Substanz, um daraus schöpfen zu können. Das enthaltene Szenario ist mit seiner Meta-Idee jedoch spannend: Die Figuren beginnen als Spielende in einer fiktiven Rollenspielrunde – ein netter Kniff, den ich gerne auch schon einmal umgesetzt hätte.

    Die fünf vorgefertigten Charaktere sind furchtbar klischeehaft gestaltet, was allerdings zum Konzept passt – und durchaus Spaß macht. Für Gruppen, die etwas Neues ausprobieren möchten, ist „Helden & Höllen“ einen Blick wert, auch wenn es eher ein kleiner Snack als ein großes Festmahl ist.

    Meine unnütze Bewertung entfällt diesmal, da ich das Zine eigentlich zu sehr mag. Aber… Zumindest 10 von 10 Minuten haben Spaß beim Lesen gemacht.

  • Fanzine-Freitag: Abenteuerwelten 1

    Die erste Ausgabe des „DANzines“ (Fanzine von rpgDAN), Abenteuerwelten Nr. 1, wartet mit Inhalten für Horror auf. Sie ist mit viel Liebe und Begeisterung hergestellt, und sowas finde ich im Fandom natürlich unterstützenswert. Deshalb tut es mir leid, dass ich sie inhaltlich weniger überzeugend finde.

    Cover. Roter Titel "Abenteuerwelten". Bild ist KI-generiert und zeigt eine Vogelscheuche mit gruseliger Fratze und unmenschlichen Händen.

    Das Mausritter-Abenteuer in einer Vogelschrecke mit einem Kult, der sich um einen Pilz schart, der Bewusstsein und einen blutrünstigen Durst entwickelt hat, ist solide gemacht. Die unterschiedlichen Vorschläge, Papier (für Handouts) zu behandeln, damit sie älter aussehen, sind auch sehr nett. Die Vogelschrecke (eine andere als die aus dem Mausritter-Szenario) als Gegner ist halb Kurzgeschichte (ohne Vorschläge, wie dieser Hintergrund am Spieltisch relevant gemacht werden könnte), halb Monsterbeschreibung, die ich ganz brauchbar finde. Besonders gefällt mir die Eigenschaft „entflammbarer Fluch“. Direkt im Spiel einsetzbar ist dieser Gegner aber auch nur bedingt, denn die übernatürliche Wesenheit hinter bzw. in der Vogelschrecke muss sich die SL selbst ausdenken.

    Die anderen Beiträge fand ich nicht überzeugend ausgearbeitet. Der Text mit zehn Typen von Geistern bringt überwiegend recht stereotype Motive, lediglich drei fand ich interessanter. Und der Artikel zur Peinmalerei hat zwar eine interessante Grundidee, aber die Ausführung ist mir zu unsensibel. Missbrauchte Kinder erschaffen, angeleitet durch übernatürliche „Flüsterer“, anhand ihrer Bilder Monster und werden irgendwie wahnsinnig. Ich finde, man kann erwarten, dass versucht wird, mit Themen wie Missbrauch und „Wahnsinn“ (einem veralteten, problematischen Konzept des 19. Jahrhunderts) einfühlsam und reflektiert umzugehen. Davon spüre ich hier zu wenig.

    Für meinen Geschmack waren außerdem zuviele Rechtschreib- und Grammatikfehler drin. Positiv stach in der Hinsicht das Mausritter-Abenteuer heraus, das erstens von zwei Personen geschrieben und zweitens von jemand drittem korrekturgelesen wurde. Ein zusätzliches Augenpaar hätte auch den anderen Texten gutgetan – klar, dass so ein Produkt nie fehlerfrei wird, aber einen Korrekturgang von einer Person, die den Text mit frischem Blick „von außen“ liest, sollte man nach Möglichkeit einbauen.

    Negativ aufgestoßen ist mir außerdem die Verwendung von KI-Bildern. Auf fast jeder Seite ist mindestens eine Illustration, die eine KI ausgespuckt hat. (Ausnahme ist, soweit ich verstehe, die Karte zum Mausritter-Szenario.) Das finde ich schade und unnötig – mir vermittelt das eher den Eindruck, dass jemandem die Bilder nicht wichtig genug waren. Außerdem hätte es durchaus Möglichkeiten gegeben, ein paar Bilder ohne KI zu erhalten, auch wenn man keine Bekannten hat, die eigene Zeichnungen beisteuern könnten: Fotos von der Papierbearbeitung. Mit Effekten von Bildbearbeitungssoftware eines der zahlreichen Vogelscheuchen-Bilder unter freier Lizenz verändern. Gemeinfreie Bilder von Gespenstern heraussuchen. Im Bekanntenkreis herumfragen, ob jemand Kinder hat, die Lust haben, Monster zu malen (für die Peinmalerei).

    Insgesamt bleibt daher ein durchwachsener Eindruck, auch wenn es mich freut, ein neues Fanzine zu sehen. Absolut lobenswert ist auch das Bestreben, auf andere Fanzines hinzuweisen – auf dem Backcover ist der Trodox genannt. Ich wünsche dem DANzine, dass es von Ausgabe zu Ausgabe besser wird.

    Ihr bekommt Abenteuerwelten Nr. 1 im Shop von DANs Abenteuerwelt.

  • Fanzine-Freitag: Adjunkt

    Der Titel des Fanzines Adjunkt. Professor Mühlmerders Magazin für viktorianische Ermittlungen verrät nicht wirklich, dass es eine Beschreibung des Wiener Praters zum Ende des 19. Jahrhunderts bietet, zur Nutzung für das viktorianische Detektivrollenspiel Private Eye. Die Beschreibung hebt das unternehmerische internationale Flair dieses Parks und Vergnügungsbereiches hervor und lädt mit einer handvoll knapper Abenteuerideen dazu ein, den Prater im Rollenspiel zu verwenden. Der Text ist systemneutral und mit zeitgenössischen Bildern und Karten illustriert. Unklar bleibt, ob die Texte von Martin „Magedu“ Dürr, Moritz „glgnfz“ Mehlem, oder von beiden zu ähnlichen Anteilen stammen. Beide sind summarisch für ‚Autorenschaft, Redaktion, Satz und Lektorat“ angegeben. Meine Vermutung ist, dass Martin Dürr Hauptautor ist.

    Allerdings bekomme ich den Eindruck, dass die Macher entweder kein ganz klares Ziel vor Augen hatten oder es nicht gut rüberbringen: Wenn im Editorial nicht „Private Eye“ stünde, dann wäre diese Zielsetzung im Zine kaum erkennbar, weil die Hinweise bezüglich einer konkreten Umsetzung am Spieltisch so zurückhaltend sind. Wenn andererseits angestrebt wurde, das Material möglichst systemunabhängig zu halten, damit es auch für andere Rollenspiele nutzbar wird, dann sollte das irgendwo (Titel, Editorial, oder auch in begleitenden Infos online (quasi „Werbetext“) deutlicher gesagt werden. Der Adjunkt kann meines Erachtens problemlos auch als Inspiration für andere Rollenspielrunden dienen, deren Settings städtisches Flair um 1900 beinhalten (können), z.B. Finsterland, Call of Cthulhu oder Electric Bastionland.

    Das Zine ist schlicht und übersichtlich gehalten. Neben den Bildnachweisen hätte ich noch Quellenangaben oder Empfehlungen für historische Ressourcen interessant gefunden – jedenfalls habe ich nach dem Lesen den Eindruck, dass Martin sich in das Thema eingearbeitet hat und daher ein paar Quellen leicht hätte nennen können.

    Auch, wenn man nicht Private Eye spielt, ist der knappe historische Einblick in den Wiener Prater interessant zu lesen. Vier von fünf Riesenradgondeln!

    Der Adjunkt ist über den System-Matters-Fanzinewettbewerb 2024 verteilt worden – ob es noch weitere gedruckte Exemplare gibt oder eine PDF-Ausgabe geplant ist, weiß ich nicht. Unter private-eye.at gibt es Infos zum Adjunkt, auf der Seite gibt es eine Kontaktadresse zu Martin Dürr.