Autor: Jonas

  • Fanzine-Freitag: Das Gefängnis der Wurmkönigin

    Bild in Gelb, Schwarz und Grautönen von etwas, das sich wurmartig windet und kringelt. Titel mittig: 'Das Gefängnis der Wurmkönigin'. In der unteren rechten Ecke: 'Electric Bastionland Gazette'.

    Die beiden Abenteuer (das Gefängnis der Wurmkönigin und Über den Tod hinaus) sind meines Erachtens die interessantesten Inhalte dieser „Gazette“ für Electric Bastionland. Beide zeigen auf je eigene Weise schön die Seltsamkeit und Surrealität des Settings. Den Zeitdruck (Risiko von Rückschlägen je nach in-game-Zeitbedarf) im zweiten Abenteuer finde ich persönlich etwas mühselig; am Spieltisch würde mir das keinen Spaß machen. Die Dreibar finde ich als Location reizvoll.

    Die Karte zum Bezirk „Bleichdrozze“ enthält einige schöne Komplikationen, aber soviele Orte (Knotenpunkte im Verbindungsnetz), dass es mich ein bisschen abschreckt (sowohl als Spieler als auch als SL). Dazu bräuchte ich am Spieltisch erstmal etwas Infodump, um Entscheidungen zu ermöglichen, und die Infos müsste ich mir als SL ausdenken, da sie nicht mitgeliefert werden. Den Bezirk würde ich also eher als Ideensteinbruch verwenden; und dann ist für mich natürlich das Kartenformat vergebene Liebesmüh.nDie gescheiterte Karriere „Mausritter*in“ ist niedlich.nDas Interview mit Chris McDowall fand ich ein bisschen langweilig (und ich lese Interviews eigentlich sehr gern), weil es sich vor allem mit Electric Bastionland befasst und die Person leider in den Hintergrund tritt.

    Außerdem fand ich, dass das Zine mehr Tippfehler und kleinere Layoutlapsus aufweist, als ich von System Matters erwartet hätte. Ich hatte beim Lesen den Gedanken, dass das Vier-Augen-Prinzip doch noch was hätte bringen können. (Michael Masberg hat nicht nur übersetzt und getextet, sondern auch Redaktion und Lektorat übernommen.) Das sind aber nur kleinere kosmetische Dinge, die die Nutzbarkeit nicht gefährden.

    Das Gefängnis der Wurmkönigin im Shop von System Matters

  • Fanzine-Freitag: Skægarslund

    Unter dem Titel 'Skægarslund' stehen mehrere Absätze mit der Beschreibung des gleichnamigen Dorfes. Am Fuß der Seite steht die Seitenzahl in einem breiten Rahmen.

    Skægarslund von Christopher Bünte (https://woohoomania.com/) entstand zum Fanzine-Wettbewerb von System Matters 2024. Obwohl es äußerlich angenehm aufpoliert ist, wirkt es auf mich unfertig. Vielleicht kam die Deadline für Einreichungen zu rasch? Das Fanzine beschreibt ein Dorf in einer Fantasy-Wikingerkultur: Wie die Siedlung in der Welt gelegen ist, ihre Geschichte und politisch-rechtliche Ordnung, Religion, Kleidung, Architektur, wichtige Orte und Persönlichkeiten sind ausgearbeitet. Unklar bleibt mir, wie Pferde und Schafe (für die erwähnte Kleidung aus Schafwolle) in einer Landschaft ernährt werden, die „mehr als die Hälfte des Jahres mit Schnee und Eis bedeckt“ ist. Gravierender finde ich aber, dass das Zine keinen Grund mitliefert, es an den Spieltisch zu bringen. Mir fehlen markante Abenteueraufhänger, die das ausgearbeitete Material begründen. Deswegen wirkt Skægarslund auf mich so, als wäre es nicht fertig geworden, denn die vorhandenen 12 Seiten sind sorgfältig gearbeitet. Auch die Karte auf der Rückseite ist hübsch, wenn auch die Rasterung am Rand (von A-L und von 1-18) feiner granuliert ist als nötig.

    Skægarslund macht mich neugierig darauf, was Christopher Bünte sonst noch so produziert, aber das Fanzine selbst bewerte ich nur mit zweieinhalb von fünf Drachenbooten.

  • Fanzine-Freitag: Am Wegesrand 2

    Am Wegesrand Teil II (Cover): Durch eine grüne Landschaft mit sanften Hügeln schlängelt sich ein brauner Weg. Rechts vom Weg wachsen große, bunte Pilze. Am Fuß des nächsten Hügels steht eine Baumreihe.

    Das Einhörnchen kehrt zurück! Mai-Britt Ilse hat erneut ein Zine für Cozy Fantasy gemacht, wiederum mit Unterstützung von Konstantin Weber. Zwei kurze, gewaltfreie Abenteuer (Zwei Freunde, Magisches Observatorium), neue Waren im Sortiment der Händlerin Scharla, sowie Ideensammlungen/Tabellen für Pflanzen und Zufallsbegegnungen runden die Mischung ab.

    Schon die erste Ausgabe hatte mich begeistert. Die Nummer 2, die zum diesjährigen Fanzine-Wettbewerb erschien, finde ich wieder rundum gelungen. Die Qualität der Illustrationen hat sich gesteigert: Knuffige Wesen und Schauplätze mit einer gewissen Behaglichkeit, und diverse Marginalien, die die Atmosphäre unterstützen. Der Text ist gut lesbar und stimmungsvoll. Highlights: Das Schnabelhörnchen-Bild und die Matschpfütze.

    Das Zine besticht auch wieder durch schöne, liebevolle Details: Fadenheftung, und als Beilage Aufkleber und Lesezeichen.

    Exemplare von Am Wegesrand Teil II gibt es im Shop von Pen-Paper-Dice.

  • Fanzine-Freitag: Schabernaxx

    Cover: Hinter einer Blumenwiese in psychedelischen Farben (ein bisschen wie das Negativ eines Farbfotos) schwebt in einem großen gelben Kreis der Titel 'Schabernaxx', darunter 'Lo-Fi Hi-Hoax RPG - Michael Masberg'.

    Michael Masbergs Beitrag zum Fanzine-Wettbewerb 2024 ist ein kleines Rollenspiel. Ein A4-Bogen Pappe, farbig bedruckt und zum vierseitigen A5-„Heft“ gefaltet, enthält alle Regeln und Zufallstabellen. Vorlage für diese Präsentation sind die 24XX-Spiele von Jason Tocci.

    Mit der richtigen Spielgruppe kann das Thema spaßig sein, aber ich persönlich fände es anstrengend, mir Streiche auszudenken und auszuspielen. Daher zähle ich mich nicht zur Zielgruppe von Schabernaxx. Mir gefallen aber das Layout, der klar formulierte Text, die genderneutralen Formulierungen und schöne Ideen in den Tabellen (z.B. bei den Hex-Effekten). Unklar bleiben für mich lediglich die Regeln zum Hex-Würfel.

    Online gibt es bislang nur die englische Fassung (Hoaxx); Michael Masberg hat aber angekündigt, auch den deutschen Text als PDF zu veröffentlichen. Links zu itch.io und DriveThruRPG auf seiner Homepage.

  • Fanzine-Freitag: Semesterstart

    Nachdem ich vor kurzem den „Semesterstart“ von Olaf „Der Olfork“ Lorenz geleitet habe, versuche ich mich an einer Mischung aus Spielbericht und Rezension.

    ein gelbes Heft mit dem Titel "Semesterstart" und der Zeichnung eines humanoiden Skeletts mit Engelsflügeln

    Unsere Spielrunde lief online mit drei Spielern, und wir spielten etwa 2 bis 2,5 Stunden (so wie meistens). Ich war schon etwas ausgelaugt und nicht top vorbereitet (hätte eigentlich gern mehr Details zu Zufallsbegegnungen und zu der konkurrierenden Gruppe parat gehabt). Trotzdem hatten wir Spaß. Spielbericht mit Spoilern: Die Gruppe nahm die U-Bahn zur Uni, geriet in eine Zeitanomalie und kam zwei Stunden zu spät an. Ich würfelte heimlich aus, an welcher der Locations ein echtes Engelskelett zu finden ist, und die Gruppe suchte erstmal einen anderen Ort auf. Sie fanden den versteckten, aber leeren Grabraum auf dem Edungporker Friedhof und gingen irgendwie davon aus, dass dort der Engel (bzw. sein Skelett) vielleicht noch auftauchen würde, wenn sie ein bisschen warten oder per Zeitanomalie einfach früher kämen. Ich ließ die Konkurrenz eintreffen. Ein Spieler verwandelte sein Gesicht in das des Professors, wodurch die Gruppe von den Konkurrenten erfuhr, dass der Engel im Kanal von New Venitsche kein echter Engel ist. Die Konkurrenz machte sich auf zur Evantolischen Kirche. Endlich rafften sich auch meine Spieler auf, nahmen die U-Bahn in der Hoffnung, eine günstige Zeitanomalie zu erleben. Sie hatten Glück und kamen eine Stunde früher bei der Kirche an (und etwa ein und eine Viertelstunde vor dem nächsten Gottesdienst), brachen ein, erkundeten den Keller, erfuhren von Kalle vom Engel und wo seine Leiche steckt. Die Konkurrenz traf ein, ließ sich aber durch die vermeintliche Anwesenheit des Professors überreden, für 30% der Belohnung bei dem Transport zu helfen. Vor der Uni ließ ich noch Carl Chicken seine Flyer verteilen, und wir kamen zum Schluss.

    Das Szenario hat schöne Ideen. Der Auftrag bzw. der gesuchte Schatz ist einprägsam (Skelett eines Engels, möglichst mit intakten Flügeln), und die Schauplätze (bis auf den Edungporker Friedhof, würde ich sagen) bieten Gelegenheit zu interessanten Erkundungen und Interaktionen. Eine Gruppe, die gern kämpft, könnte vermutlich gewaltsame Auseinandersetzungen im Abenteuer unterbringen, aber die Schauplätze und Szenen im „Semesterstart“ sind nicht darauf ausgelegt. Karten, die auch die umgebenden Straßen und Gebäude der Schauplätze zeigen, habe ich nicht verwendet. Falls jemand das Abenteuer nicht ganz so rasch durchspielen will, könnten diese Karten Inspirationen bieten. Das Abenteuer ist zwar für Electric Bastionland entworfen, ist aber frei von Spielwerten und ließe sich vermutlich mit geringen Anpassungen auch in andere Spiele transportieren, die ein eher urbanes, surreal-skurriles Setting aufweisen.

    Aus meiner Sicht hat das Fanzine zwei Schwächen. Ich finde erstens die Zufallstabellen eher blass und kaum ausgearbeitet. Da hätte ich mir etwas mehr Fleisch auf den Rippen gewünscht. 😉 Zweitens finde ich die Präsentation im Fließtext anstrengend. Als SL habe ich mehrfach geblättert und in den Absätzen nach bestimmten Infos gesucht. Stichpunktartige, übersichtliche Listen zentraler Einzelheiten hätten mir sehr geholfen.

    Mit etwas mehr Vorbereitungszeit hätte ich mir das natürlich im Zine hervorheben oder auf einem Spickzettel notieren können, aber es wäre super, wenn mir diese Arbeit wenigstens ein bisschen abgenommen würde.

    Die Illustrationen sind schlicht, bringen aber alles Nötige rüber, und verleihen dem „Semesterstart“ viel Fanzine-Charme: Das Zine strebt keine Hochglanzpolitur an, liefert aber soliden Spielspaß mit schön-skurrilen Elementen.

    „Semesterstart“ gewann übrigens den ersten Platz in der Kategorie „handgemacht“ im System Matters Fanzine-Wettbewerb 2024. Und das PDF ist kostenlos.

    Lizenz: CC BY 4.0